Respekt – Zwischen Toleranz und Einengung

(Dies ist Blogbeitrag 3 von 7 aus der Serie „Unser Werte-Kanon“. Alle weiteren Beiträge gibt es hier.)

Die Bedeutung des Wortes „Respekt“ und seine Rolle im zwischenmenschlichen Umgang stehen in der heutigen Zeit ständig zur Debatte. 

Wie viel Political Correctness in den Alltag gehört, was von wem als unpassend oder beleidigend aufgefasst wird und ob ein sensibler Umgang mit bestimmten Themen ein Zeichen für Fortschritt oder ein Symbol der „Verweichlichung“ darstellt – über diese Dinge sind sich die Menschen im Allgemeinen extrem uneinig.

Bei all den Freiheiten, die die sechs Grundwerte von code-x Mitarbeitenden geben – ein Paradebeispiel dafür ist der tatsächlich sogenannte Wert „Freiheit“ – stellt sich einem wohl ziemlich schnell eine Frage: wie passt der Wert „Respekt“ in dieses Gebilde?

Respekt und Freiheit – Gegensatz oder notwendige Ergänzung?

Mut, Freiheit, auch Neugier; wenn man sich die Entscheidung für diese Werte vor Augen führt, fällt es leicht, sie so auszulegen, als könnte man hier im Prinzip sagen, was man will, als könnte man auch mal Grenzen überschreiten. 

Man hat schließlich die Freiheit, jede Meinung zu vertreten, die man eben hat, nicht wahr? Man ist doch mutig und versteckt sich nicht hinter Diplomatie, richtig? Und als neugieriger Mensch wird man das doch wohl noch fragen dürfen!

Um sich gegen einen solchen Eindruck zu stellen, hat das Team von code-x sich für den Wert „Respekt“ entschieden.

Respekt im Wertequadrat

Grafik von Stefan Freise

Bei code-x besteht zu jedem der sechs Unternehmenswerte ein eigenes Quadrat, in dem die jeweilige Position zu diesem Wert klar veranschaulicht wird. In jeder Ecke dieser Quadrate steht ein Wert, dabei stehen in den oberen beiden Ecken Werte mit positiven Assoziationen und in den unteren beiden Ecken gemeinhin als negativ betrachtete Werte. Hierbei stellen die Werte auf der rechten Seite Gegensätze zu den Werten auf der linken Seite dar. Obwohl in der linken oberen Ecke immer der Wert steht, der sich auch in der Aufstellung von code-x finden lässt, befindet sich die Position von code-x zu diesem Thema immer auf der oberen Kante des Quadrats in Richtung dieser Ecke, allerdings nicht klar darin. Dabei soll das Konzept des Quadrats helfen: indem man sich daran erinnert, wie die Übertreibung der eigenen Werte aussieht und dass das Gegenteil der eigenen Werte auch positiv ausgelegt werden kann, trifft man seine Entscheidungen dennoch mit Bedacht. Dadurch, dass man sich die Übertreibung des Gegenstückes zum eigenen Wert vor Augen führt, trifft man allerdings trotzdem bewusst die Entscheidung für einen der beiden Werte.

Hierbei besinnt man sich, wenn man eine Entscheidung trifft, eher auf Respekt als auf Individualismus. Tatsächlich schließt das Werte wie Freiheit nicht aus, es setzt die anderen Werte lediglich in einen Kontext. Laut dem Wertesystem kann man im Arbeitsalltag mutig und frei sein – und dabei Mitmenschen und seine sonstige Umwelt mit Respekt behandeln. Besser noch: durch einen respektvollen Umgang bietet man anderen ebenso die Möglichkeit, im Sinne dieser Werte zu handeln.

Ja, man hat hier gewisse Freiheiten, beispielsweise bei der Wahl der Kleidung für die Arbeit, das bedeutet allerdings nicht, dass man Kunden:innen in unpassender Kleidung entgegentritt. Stattdessen zeigt man ihnen, dass man ihre Anwesenheit schätzt und sie ernst nimmt, indem man sich entsprechend gepflegt zeigt.

Obwohl dies ein ziemlich harmloses Beispiel ist, spielt auch hier Respekt eine Rolle. 

Schwieriger wird es allerdings, wenn es um  Fälle von Respektlosigkeit im Sinne von Intoleranz, Übergriffigkeit und sonstige Geschmacklosigkeiten im Zwischenmenschlichen geht.

„Was Respekt bei uns bewirkt, ist zum Beispiel, dass es am Ende von Diskussionen über gewisse Themen nicht noch diesen einen schlechten Witz gibt, Kommentare nach dem Motto ‚Was wäre denn, wenn ich jetzt gerade rassistisch/sexistisch/homophob etc. wäre?‘ Was soll so etwas denn?“

Stefan, Gründer von code-x

Man könnte jetzt natürlich fragen: wieso musste sich code-x extra für Respekt entscheiden?

Gab es da einen Mangel? Wie würden sich die Mitarbeitenden denn verhalten, wenn es diesen Wert hier nicht gäbe?

Das ist eine Falle, in die man leicht tappen kann. Doch wie die anderen Werte ist auch dieser in erster Linie eine Bestätigung der Identität von code-x, eine offizielle Version der Werte, die dieses Unternehmen bereits vertritt. 

Respekt an sich

Was diese Bestätigung bewirkt, ist in erster Linie, dass eine Art Filter entsteht. Respektloses Verhalten wird nicht toleriert, und Menschen, die das stört, gehören laut den Mitarbeitenden schlicht und ergreifend nicht hierher. Das gilt für potenzielle Mitarbeitende, aber auch für Kunden:innen. Wer sich beispielsweise sexuell übergriffig verhält, ob nun verbal oder körperlich, ist so oder so nicht willkommen. Man hat kein Interesse daran, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die einen solchen Respekt nicht an den Tag legen.

Es ist gleichzeitig so, dass einige Menschen, die sich genau so verhalten, „Respekt“ als einen der Grundwerte sogar mit Freude unterschreiben würden. Es gibt dabei nämlich noch eine andere Falle: die Definition von Respekt, die hier vorliegt, ist eine sehr moderne. Viele Menschen verstehen Respekt als Respekt vor Älteren, Respekt im Sinne von strenger Etikette, Respekt im Sinne von Unterwürfigkeit in einer klar festgelegten Hierarchie mit ebenso klaren Benimmregeln. 

Das ist hier nun eindeutig nicht der Fall. 

Einfühlungsvermögen, Verständnis und Rücksichtnahme stehen in dem Bild von Respekt, das code-x hat, an erster Stelle; mit blinder Befolgung von Regeln hat das nichts zu tun. Respektvolles Verhalten lässt sich hier immer wieder in Entscheidungen über Einzelsituationen finden, nicht etwa in der Einhaltung eines Protokolls. 

Wenn man sich einem der vielen Gespräche um die Arbeit herum, aber auch zu praktisch jedem anderen vorstellbaren Thema anschließt, die hier jeden Tag stattfinden, so merkt man sehr schnell, dass weder das Siezen von Kollegen:innen in Führungspositionen noch eine gezwungene Seriosität besteht. Stattdessen bemerkt man viel Ehrlichkeit und Leidenschaft, gerade in Diskussionen. Diese werden aber eben geführt, ohne unter die Gürtellinie zu gehen oder die nur zu bekannten unangenehmen Scherze zu machen.

„Wir machen andere dumme Witze“ heißt es, und es ertönt zustimmendes Lachen.

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